AMannette merrild

Exhibition Gallery Acht P

Bonn, Germany
31/10/2003 - 29/11/2003

Annette Merrild mit einer Ausstellung ihrer neuesten Arbeiten in der Galerie ACHT P!

Die dänische Künstlerin Annette Merrild ist von 31. Oktober bis 29. November zum zweiten Mal mit einer großen Einzelausstellung in der Galerie ACHT P! in der Beueler Tapetenfabrik vertreten. Am 31. Oktober von 19.00 bis 21.00 Uhr findet die Vernissage statt. Um 19.30 Uhr spricht Dr. Bernd Kretschmer vom Dänischen Kulturinstitut Bonn einige einführende Worte. Gezeigt werden Malerei, Fotografie, Video und eine Installation.

In ihrem umfangreichen Werk beschäftigt sich die junge Künstlerin mit der Wahrnehmung von Räumen und Menschen und deren Wirkung und Präsentation nach außen, auf ihre Umwelt.  Die räumliche Umgebung, das Zuhause ist geprägt von seinen Bewohnern ebenso, wie diese wiederum von ihrer Umgebung, ihrem Wirkungskreis bestimmt sind. Der Ausdruck von Individualität ist demnach nicht ausschließlich Alleinbestimmung, sondern das Ergebnis von Wechselwirkungen zwischen einer Person und ihrem Umfeld, von erzieherischen Einflüssen, Geschlecht und sozialem Gefüge.

Als Ausländerin in Hamburg lebend, hat Annette Merrild durch intensive Beobachtung und den Vergleich der Kulturen einen ausgeprägten Blick für die Selbstinszenierungen ihrer Mitmenschen und deren Fremdwirkung entwickelt.  Sie hat begonnen, die unterschiedlichen Rollen, die einem zugewiesen werden bzw. die man sich selbst aneignet, zu analysieren und in ihrer künstlerischen Arbeit einzubinden.

Anfänglich waren es Fotografien von Personen, vornehmlich Frauen, die Annette Merrild durch Übermalung verfremdet hat. Das gängige Klischee, die Rolle der Frau, der sich auch die Künstlerin ausgesetzt fühlt,  sollte dadurch aufgehoben, ja weggewischt werden. Diese sichtbare, vordergründige Menschendarstellung hat sich im Laufe der Zeit zu einer mehr Abstrakten gewandelt. Es ist für die Künstlerin nicht mehr nötig, den Menschen zu zeigen, um sich ein Bild von ihm und seinem Wesen zu machen. Aus diesem Bewusstsein heraus entwickelte sich das Interesse für die Darstellung von Räumen. Mit Hilfe unterschiedlicher Medien hat sie dieses Thema aufgearbeitet und in verschiedene Bildsprachen transformiert.

In zwei Serien, eine in Hamburg und eine in New York entstanden, fotografierte Annette Merrild jeweils die Wohnungen ihrer Nachbarn. In beiden Fällen handelte es sich um große Wohnblocks mit zahlreichen Wohneinheiten, die sich in Größe und Grundriss ähneln. Immer wurde die gleiche Perspektive, der gleiche Bildausschnitt – mit Blick auf ein Fenster – gewählt. Darin liegt für den Betrachter der einzige Anhaltspunkt, dass es sich um verschiedene Wohnungen handelt. Menschen sind von den Bildern ausgeschlossen. Die Frage nach den Wohnungseigentümern nimmt in der individuellen Assoziation des Betrachters Gestalt an. „Wer mag in dieser Wohnung leben? Was sind das für Menschen? Wie sehen sie aus?“. Jeder sucht sich die Antworten auf diese Fragen selbst, die Macht des Wissens liegt allein bei der Künstlerin, die dazu sagt: “Ich habe die Wahrheit gesehen – das ist gut für mich. Erst langsam verstehen wir, dass alle anderen die Wahrheit gesehen haben – und dass diese anders ist als die meine. Alle sehen mit ihren eigenen Augen, aber keiner sieht das gleiche.“

Einige dieser Fotografien hat Annette Merrild malerisch umgesetzt. Das reine, klare Bild wird hier durch Übermalung und durch Bearbeitung mit Wachs, mit Lack oder Siebdruck abstrahiert.  Wie bereits in ihren übermalten Fotografien verwischt die Künstlerin hier das Offensichtliche, das Wesen und die Rolle der Bewohner, die sich in den Möbeln widerspiegeln. Der Wohnraum wird hier zum universellen Zeichen für Individualität und Intimität.

In einer anderen Serie von Leinwandarbeiten beschäftigt sich die Künstlerin mit Plätzen und Bildern, die jedem bekannt sind. Sehenswürdigkeiten aus Kopenhagen und New York, verfremdet und übermalt mit Wachs, Siebdruck oder Lack. Diese Bilder präsentieren sich aus dem Blickwinkel eines Touristen, sie vermitteln Distanz und gleichzeitig eine gewisse Vertrautheit. Jeder verbindet damit seine eigenen Vorstellungen und Erfahrungen von einem Land oder einem Ort, den Menschen und ihren Kulturen.

Mit ihrem Video „Frau Berthold“ nimmt Annette Merrild direkten Bezug auf den Wohnraum und seine Bewohnerin. Alltäglichkeiten und einfache gewohnte Handlungen einer alten Frau bringt sie mittels Temporeduzierung ins Bewusstsein des Betrachters. Durch die Fokussierung auf eine Begebenheit und einen Raum erzeugt sie eine konzentrierte  Wahrnehmung auf die Kleinigkeiten des Seins.

Die Installation „Zurückgelassen“ zeigt Alltags- und Möblierungsgegenstände aus der Wohnung einer 95jährigen Frau, die nach dem Umzug ins Altersheim aufgelöst wurde. Wie bereits in ihren Fotos und Bildern möchte die Künstlerin damit aufzeigen, was das Leben und das Wesen eines Menschen bestimmt. Doch im Alter gelangen viele an den Punkt, dass sie nicht mehr selbst entscheiden können oder dürfen, welche Dinge für sie wichtig sind und ihre Persönlichkeit bestimmen. Fremde Personen oder Familienmitglieder wählen aus, was behalten wird und was unnütz geworden ist. Mit dieser Installation zeigt Annette Merrild, dass auch vermeintlich unwichtige Dinge Rückschlüsse auf das Leben einer Person zulassen und das durch intensive Auseinandersetzung mit diesen Gegenständen die Aura eines Menschen spürbar wird.

Die Ausstellung mit Arbeiten von Annette Merrild ist vom 31. Oktober bis 29. November 2003 während der Öffnungszeiten von Mittwoch bis Freitag 11.00 bis 13.00 Uhr und 15.00  bis 19.00 Uhr, samstags von 11.00 bis 15.00 Uhr sowie nach Vereinbarung zu besichtigen.

 

Bild-1

Bild-2

Bild-3

Bild-4

Bild-5

Bild-6

Bild-7

Bild-8

Bild-9

Bild-10